Die Presse

Hier ein sehr, sehr kurzer Auszug aus diversen Presse-Artikeln über Wilfried Duwentester.

Tagesspiegel Sonntag 09. Juni 2019 (Sondereinlage UNTERWEGS)

Mecklenburgische Schweiz
(Autor: Ulf Lippitz)

Wenn Berliner zu viel von der Stadt haben, fahren sie in die Schweiz. Nicht in die südliche, wo Bergzacken in den Himmel ragen, sondern in die nördliche, wo Hügel in Seen enden. Zwei Stunden von Berlin entfernt, mitten hinein nach Mecklenburg. Dorthin hat es Bildhauer Wilfried Duwentester verschlagen. Früher Carl-Herz-Ufer, Kreuzberg, jetzt Görzhausen, Pseudoschweiz.
Der Künstler lebt seit den frühen 90er Jahren hinter dem Röthelberg, einer Erhebung, von der Einheimische stolz behaupten, sie sei 1000 Dezimeter hoch. Eine imposante Zahl, die bei korrekter Umrechnung auf 100 Meter schrumpft. An dieser Stelle soll Herzog Georg von Mecklenburg vor etwa 200 Jahren gestanden, den in der Eiszeit entstandenen Hügelzug gesehen und euphorisch ausgerufen haben: Hier habt ihr eure eigene Schweiz! Bis heute erinnert ein rot-weißes Schild an den geografischen Namenspaten. „Schweiz, 832 Kilometer“ steht darauf.
Vom Möchtegernberg führt eine Allee hinab, an einem Feldweg mit Kunstwerken entlang. Mal steht unter Rubinien oder Linden ein Pinguinpaar mit Küken, mal lugt ein geschnitztes Fabelwesen aus einem Brunnenschacht hervor. „Der Spion“, nennt Duwentester diesen gespenstischen Kerl am Wegesrand. Sein Skulpturenpfad erstreckt sich über knapp 500 Meter, ist mit mehr als 40 Kunstwerken bestückt und endet am Schafstall, den Duwentester zum Wohnhaus und Atelier umgebaut hat.

Guck dir mal den Spinner an!

Zwei Schafböcke, erinnert sich Duwentester, gab es noch, als er 1993 in das Fünf-Gehöfte-Dorf kam. Plus eine Handvoll Dörfler, die dachten, er schieße einen kapitalen Bock, wenn er in diese entlegene Gegend übersiedle: Guck dir mal den Spinner an! Heute stehen seine Skulpturen auch bei ihnen im Vorgarten, zwei königsblaue Kühe schmücken einen Rasen, und der Nachbar verkauft Kuchen an kunstinteressierte Gäste. Manche kommen zu Fuß von der Burg Schlitz, einem Luxushotel hinter dem Wald, andere mit dem Rad aus Teterow, der größten Stadt der Mecklenburgischen Schweiz, zehn Kilometer entfernt.

Im Atelier legt Duwentester die Motorsäge aus der Hand, streicht über eine unfertige Frauenskulptur aus Eichenholz und fegt mit den Schuhen lässig die Späne beiseite. Der 72-Jährige denkt an die Wellen der Landschaft, auf der im Mai Raps blüht und im Juni der Mohn. Er sagt, er finde das sanft geformte Land „ausgesprochen erotisch“ und meint das völlig ernst. Zwei Katzen ziehen sich ins Dachgebälk zurück, ein paar Schwalben fliegen durchs offene Haus. „Die scheißen meine Kunst zu“, sagt Duwentester trocken.

Einmal, erzählt er, habe ihn eine Zahnärztin gefragt, wieso er seine Figuren denn in diese perfekte Natur hineinstelle? Lange habe er überlegt. Bis er eine Rechtfertigung fand: „Meine Skulpturen sind das Bauchpiercing der Mecklenburgischen Schweiz.“ Verschönerung für die einen, Verschandelung für die anderen, alles liegt im Auge des Betrachters. Zum Beispiel die fünf Meter hohe Pyramide in seinem Garten. Mecklenburg oder Mexiko? Das Bauwerk ist ein Recycling-Denkmal, denn Duwentester hat die Pyramide aus Baumarktpaletten errichtet und mit einer Blattgoldspitze gekrönt. Ein Hingucker für die Besucher, die meist im Sommer vorbeischauen (duwentester.com), um dem alten Mann seine Fantasiefiguren abzukaufen und bis nach Süddeutschland zu bringen.

Nordkurier am Wochenende 21./22. Juli 2018

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